5 Gründe, warum wir physische ITSM Konferenzen auch in Zukunft noch brauchen 

Ein Bericht von der SITS23, der größten ITSM Tool-Expo in Europa. 

Lesezeit: 14 Minuten

1 -> Sie können niemanden virtuell umarmen (zumindest noch nicht) 

Nein, wir haben nicht tausende Besucher:innen und hunderte Mitarbeiter:innen von Ausstellern umarmt. Aber manches Wiedersehen, oft nach Jahren mit Videokonferenzen als einzige Möglichkeit für Gespräche, fällt eben herzlich aus. Das tut gut. Auch die umfangreiche Ausstellung mit über 70 Lösungen für Service und Systems Management ist lebhafter und unterhaltsamer als die (ohnehin gescheiterten) Versuche von virtuellen Messen.

Danke an dieser Stelle an Mark Smalley (u.a. Lead Editor von ITIL High Velocity IT) für die Kekse. Und natürlich an Sophie Danby (gemeinsam mit Stephen Mann der Kopf hinter dem grandiosen itsm.tools Blog), die so wie letztes Jahr auch dieses Mal schon vor der Konferenz ein Dinner organisiert hat. Dort haben wir unter anderem Stefan Brahmer getroffen (wer erinnert sich an den fantastischen Problem Solving Workshop mit LEGO-Maschinen im Rahmen von Service Space vor ein paar Jahren?). Auch der ITIL Architekt Akshay Anand war da, Stephen Mann, James Finister, Stuart Rance, Richard Josey und noch viele andere ITIL Autor:innen und aktuelle und zukünftige ITSM Legenden. 

2 -> Wenn Menschen zusammenkommen, entstehen Ideen 

Das geht doch auch in virtuellen Meetings, könnten Sie sagen. Stimmt. Aber in virtuellen Meetings wird es eher nicht passieren, dass zufällig ein legendärer ITIL Autor wie Stuart Rance dazu stößt und seine Erfahrungen beisteuert. Virtuelle Meetings (zumindest die „traditionellen“) geben dem Zufall wenig Chance.

3 -> Um von AI zu profitieren, müssen Sie auch Menschen verstehen 

Eine gemeinsame Erkenntnis von uns 4 SITS-Reisenden: AI ist nicht der Hammer, der alles zum Nagel macht. Mit AI-basierten Tools können Sie Probleme lösen, die Sie zuerst mal formulieren müssen. Dazu müssen Sie mit den Leuten kommunizieren, die an den Problemsymptomen leiden und mit jenen, die die Ursachen verstehen könnten. Erst dann zeigt sich, ob (und welche) AI helfen kann.

Ein paar universelle Probleme wurden offensichtlich von vielen Tool-Herstellern gelöst:
Wir sahen Chatbots, die dank
Machine Learning und Sprachverständnis sinnvolle Antworten geben und simultan übersetzen. Einige Hersteller haben ihre Tools mit dem MS Teams Chat und Slack integriert, was die Zusammenarbeit innerhalb der IT und auch zwischen Business und IT erheblich fördern kann. Das eh schon bekannte Problem von viel zu vielen gesammelten Monitoring-Daten wird gleich von mehreren Start-Ups (und auch ein paar der langgedienten Hersteller) angegangen und führt zu coolen „Predictive Maintenance“ Lösungen. So weit, so gut.

Aber was ist mit weiteren Möglichkeiten, z.B. Textanalyse oder das Eliminieren der leidigen Falschzuweisungen von Tickets?

Ein scheinbar unauffälliger Vortrag über AI war dazu ein ziemlicher Augenöffner. Stephen Alstrup beschäftigte sich als Wissenschaftler schon mit AI, als es noch nicht mal den Begriff gab und führte uns durch die Geschichte der „künstlichen Intelligenz“. Damit wurde gut erklärt, dass wir derzeit nichts Revolutionäres erleben, sondern eine weit zurückreichende stetige Weiterentwicklung, die an Geschwindigkeit zugenommen hat. Mit seinem Uni Spin-Off Unternehmen SUPWIZ bietet er AI-basierte Lösungen für viele Service Management Themengebiete an, inklusive Ticketweiterleitung und Textanalyse.

Wir vermuten, die ITSM Toolhersteller werden sehr bald ebenfalls Lösungen präsentieren. 

4 -> Wir müssen unser Gehirn manchmal austricksen 

Mit dem Eindruck, dass jede beliebige Information im Internet zur Verfügung steht, können wir gut begründen, warum der Besuch einer physischen Konferenz nicht nötig wäre. Schließlich können wir bequem von der Couch rausfinden, dass die neue Jira Service Management Version einen großen Schritt nach vorne gemacht hat, dass mittlerweile gefühlte 90% aller ITSM Tools an der Oberfläche so aussehen wollen wie servicenow, dass interessanterweise beim CMDB-Thema gegensätzliche Wege gegangen werden (komplexe, mächtige Datenmodelle versus komplett offene Modelle; oder: Empfehlung für umfangreiches Asset-Discovery versus Empfehlung für einen schlanken, beherrschbaren Scope).

Die Gefahr der Bequemlichkeit: Was kaum oder wenig Mühe macht, ist uns auch wenig wert. Der Aufwand für den Kauf eines Konferenz-Tickets, die Anreise, der Besuch selbst, erzielt erstaunliche Wirkungen. Wir sind wesentlich aufmerksamer und offener für Eindrücke und Ideen. Die Schwelle zum Kontakte knüpfen ist niedrig. Das Wichtigste: Durch den Aufwand fühlen wir uns motiviert, nach der Konferenz die Umsetzung anzupacken. 

5 -> Im Internet wird keine Party gefeiert 

Spaß und Freude gehört zum Leben, auch zum Arbeitsleben. Bei der SITS feierte die ITSM Community bei guter Live-Musik und nahezu ohne Alkohol (mäßig gekühltes Dosenbier zählt nicht zu Alkohol, oder?). Vor über 100 Jahren schrieb Guy de Maupassant so treffend: “Es sind die Begegnungen mit Menschen, die das Leben so lebenswert machen.”  

Richard Friedl vor seinem Vortrag über mind4service bei Service Space 2016
Über den Autor:

Richard Friedl, MA ist leidenschaftlicher Sprecher. Und Zuhörer. Seit mehr als 30 Jahren im Service Management tätig hat er immer noch die Vorstellung des idealen “Miteinander”. Darüber spricht er in Vorträgen, davon erzählt er in Kursen, das beschreibt er in seinen Blogbeiträgen.
Nebenbei fährt er leidenschaftlich gerne Motorrad, reist gerne zu Konzerten und zu interessanten Tauchgebieten.